Profil HS 117
Andreas Gawron (2023) hat in der Zeitschrift Aufwind mit Hilfe von den bekannten Werkzeugen FLOW5&XFLR5 2 Artikel zum Vergleich von S-Schlag-Profilen und den Einsatz in einem Nürflügler veröffentlicht. Die Ergebnisse, insbesondere die Kennzahlen des von Ihm ausgewählten Profils HS 117, das ursprünglich von Hartmut Siegmann (Profil HS-117, Stuttgart, 01.März 2002) veröffentlicht wurde und für langsame "Thermik Floater" mit Elektroantrieb vorgeschlagen wird, sind deshalb für mich von Interesse, weil erstens dieses Profil in einem niedrigen Geschwindigkeits- bzw. Re-Zahlbereich Verwendung findet und zweitens, weil ein S-Schlag-Profil ohnehin für eine CFD-Simulation eine eigene Herausforderung darstellt.
Die Simulation wurde mit den Daten durchgeführt, die mir von Andreas Gawron laut seinen Berechnungen für den geplanten Nurflügler zur Verfügung gestellt wurden (Profiltiefe 37 cm, Anstellwinkel 3,452°, Fluggeschwindigkeit 10,47 m/s). In einem Windkanal mit 1,5 m Länge und 90 cm Höhe wird mit 1023x1023 Gitterzellen eine räumlich variable Auflösung von bis zu 100 µm erreicht.
Alles reduziert sich dann auf die Frage: Wie funktioniert ein S-Schlag-Profil tatsächlich?
Instinktiv glaubt man die Antwort zu kennen: Der S-Schlag verursacht auf der Oberseite einen Überdruck und deshalb ein Drehmoment, das den zu wählenden Schwerpunkt nach vorne verschiebt und bei zunehmender Geschwindigkeit ein zunehmendes Nickmoment analog zur EWD eins klassischen Flugzeugs liefert. Letzterer Umstand ist dann der Auslöser für ein stabiles Flugverhalten um die Querachse.
Die Simulation zeigt aber mit Bild HS117P [Farbabstand 2 Pascal] für die Druckverteilung, dass der S-Schlag auf der Oberseite am Profilende eher nur mit einer homöopathischen Dosis an Überdruck zum Nickmoment beisteuert. Stattdessen liefert auf der Unterseite die Krümmung des Profils in Richtung S-Schlag einen zwar nicht starken aber doch räumlich ausgedehnten Unterdruck, der wegen des großen Abstandes zum Neutralpunkt einen doch großen Hebel erzeugt. Zum Verständnis dient auch das Bild HS117SV. Dieses zeigt den absoluten Betrag der Geschwindigkeit und dass auf der Oberseite zwar die Strömung dicht am Profil entlang gleitet, aber doch nicht so dicht, dass der S-Schlag eine erhebliche Richtungs- und damit Druckänderung bewirken könnte. Dagegen gleitet die Strömung ohne sich abzulösen entlang der Unterseite bis zum Profilende und reagiert deshalb feinfühlig auf die Krümmung der Oberfläche in Richtung S-Schlag. In Summe entsteht ein Nickmoment mit cm>0.
Für mich immer wieder bemerkenswert ist der Umstand, dass die Strömung nach Verlassen des Profils einen leichten Überdruck erzeugt. Dieser wird ausgelöst durch die Konvergenz der Strömung am Profilende und nach dem Motto "auch Luft kann sich sprichwörtlich nicht in Luft auflösen" zu einem Druckanstieg führt, die eine weitere Konvergenz der Strömung unterbindet.
Die Auswertung ergibt, dass ein ca = 0,5495, ein cw = 0,0115 und ein cm = 0,0223 simuliert wird. Andreas Gawron hat mit Hilfe von FLOW5/XFLR5 ein ca = 0,5538, ein cw = 0,0104 ermittelt. Aus der Profilbeschreibung von Hartmut Siegmann leite ich ab, dass cm = 0,022 sein müsste. Erwähnenswert ist auch die von Andreas Gawron errechnete Position des Schwerpunktes mit ca. 28 mm vor dem Neutralpunkt für die gesamte Tragfläche des geplanten Nurflüglers. Die nach vorne gepfeilten Teile der Tragfläche, die auch noch eine Schränkung von 1,5° erhalten, machen die Werte für eine 2-dimensionale Simulation des Profils nicht exakt vergleichbar. Ich erhalte jedenfalls eine Position von 22 mm vor dem Neutralpunkt - siehe Variable "Y-Axis X-Pos = -22" in allen Bildern - relativ zur Position des Neutralpunktes mit "X=0" und "Z=0".
Nachdem das Thema Turbulenz auf dieser Internetseite jede Simulation begleitet, habe ich die 3 relevanten Bilder mit Bild HS117Kxz für die simulierte, kinetische Energie der Turbulenz, mit Bild HS117L für die Längenskala der Turbulenzelemente und mit Bild HS117Az für die vertikale, turbulente Viskosität und damit den vertikalen Diffusionskoeffizient, der für die Bildung einer Grenzschicht verantwortlich wäre, zusammengefasst. Im Vergleich zu anderen Simulationen wie z.B. für das Profil Eppler 374 ist die Turbulenz wegen der moderaten Anströmung von nur 10,47 m/s fast vernachlässigbar entwickelt, sodass die Berechnungen von Andreas Gawron basierend auf einer Variante von FLOW5&XFLR5 ihre Berechtigung haben. An den errechneten Diffusionskoeffizienten erkennt man, dass mit dem angezeigten Maximalwert von 304, entspricht 0,000304 m2/s, die Viskosität nur etwa 20 Mal größer ist als die molekulare Viskosität von ca. 0,000015 m2/s.