Kurvenflug
Bevor ein Kurvenflug simuliert werden kann, musste zuerst der virtuelle Windkanal in die Lage versetzt werden, eine Strömung in einem beschleunigten Koordinatensystem abzubilden. Analog zur Corioliskraft, die man z.B. in Wettervorhersagemodellen benötigt, um die Strömung auf einer rotierenden Kugel - der Erde - zu beschreiben, wird hier die Corioliskraft nur mit geringfügig anderer Umsetzung berücksichtigt - siehe mathematische Ergänzungen bzgl. Corioliskraft und Schwerkraft zu den Bewegungsgleichungen. Dazu benötigt man eigentlich nur eine Winkelgeschwindigkeit, genauer einen Radius, der hier definiert wird als Abstand zwischen Drehachse und Mittelpunkt des Windkanals, und eine Geschwindigkeit, mit der in diesem Punkt der Windkanal sich radial um die Drehachse bewegt. Um zu verstehen, wie das Konzept aussieht, nehme man eine Schuhschachtel in beide Hände, strecke die Arme aus und drehe sich dann selbst um die eigene Körperachse. Zusätzlich drehe man die Schuhschachtel um die Längsachse um eine Kurvenneigung anzudeuten. Dann stelle man sich vor, dass die Schuhschachtel perfekt luftdurchlässig ist und zudem das Modell, hier SUFIT, in dieser Schuhschachtel fest montiert ist. Aus Sicht des Betrachters, also der Rotationsachse, sähe dieser SUFIT wie abgebildet mit Bild SUFITView90Deg in einer Linkskurve. Dann gibt es noch ein etwas aufwendigeres Thema zu lösen. Aus Sicht eines Betrachters im Windkanal bewegt sich die Luft nicht mehr geradlinig, sondern mit abnehmendem Radius zunehmend kreisförmig durch den Windkanal. Deshalb wurde mit Mitteln der Trigonometrie für jede gerechnete Gitterzelle bestimmt, wie für eine vorgegebene Anströmung mit den Vektorkomponenten (u,v,w) diese zu rotieren und entsprechend zum Abstand zur Drehachse zu skalieren sind. Dieses Verfahren wird dann sowohl für die Initialisierung des Windkanals als auch für die Bestimmung der Randbedingungen eingesetzt.
Warum der Aufstand?
Während ein Modell eine Kurve fliegt, wird dieses an jedem Bauteil mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit und Richtung angeströmt. Es entwickelt sich dann eine Druckverteilung, die sowohl Druckpunkt als auch die resultierenden Drehmomente um den Schwerpunkt relativ zu einem aus-getrimmten Zustand verändern. Die Lösung des Problems sind Ruderausschläge, um die entstehenden Drehmomente zu neutralisieren. Damit diese aber einen Sinn ergeben, sollte man auf jede Näherung verzichten.
Experiment
Das Ziel des nun folgenden Experiments ist diejenigen Ruderausschläge zu bestimmen, die unter Vorgabe von Geschwindigkeit und Kurvenradius von 10 m benötigt werden, um einen gleichförmigen Kreis zu fliegen. Dazu wird die aus dem Experiment Gleitflug bestimmte Geschwindigkeit von ca. 12 m/s und die Position des ermittelten Schwerpunkts übernommen und iterativ der Anstellwinkel zur Strömung und die Kurvenneigung so bestimmt, dass die vertikale Komponente des Auftriebs und der Seitenkraft gleich dem Modellgewicht und die horizontale Komponente dieser gleich der Zentrifugalkraft ist.
Ergebnis
Die Simulation eines Kurvenflugs von SUFIT liefert bei einer Kurvenneigung von 56,40°, einem Höhenruderausschlag von 8,84°, einem Querruderausschlag von -2,46° und einem Seitenruderausschlag von -2,84° einen stabilen Kreisflug, d.h. die Drehmomente sind nahe Null und Gewicht bzw. Zentrifugalkraft sind im Gleichgewicht mit den ermittelten Kräften. Dazu ist ein Anstellwinkel von 6,77° erforderlich.
Positiv bzw. eher erstaunlich entspannend ist der geringe Ausschlag des Seitenruders. Zu erwarten war, dass der Ruderausschlag wegen der doch deutlich unterschiedlichen Stärke der Anströmung der beiden Tragflächenhälften ein höheres Drehmoment um die Hochachse erzeugt und zusätzlich wegen des geringen Abstands des Seitenleitwerks zum Schwerpunkt relativ zur Spannweite auch noch deutlich größer ausfällt. Gemäß dieser Vorhersage - der Erstflug von SUFIT steht noch an - sollte SUFIT also nicht auffällig durch die Kurve schieben. Eine spezielle Analyse wurde mit den Bildern SUFITKuW1 und SUFITKuW2 für den Luftwiderstand als yz-Schnitt erstellt. Zu erkennen ist zuerst die Verteilung des Luftwiderstandes und dessen Abweichungen entlang der Tragfläche. Aber da der ermittelte Luftwiderstand in diesem Experiment mit nur 44 Gramm ermittelt wurde - siehe Friction=44 in der Grafik - sind die Beiträge zum Drehmoment um die Hochachse gering und erklären nochmal den kleinen Seitenruderausschlag.
Der ermittelte Querruderausschlag hält sich auch im Rahmen. Zumindest zeigt das Vorzeichen, dass SUFIT ohne gegenzusteuern das Bestreben hat, sich in die Kurve zu neigen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass dieses Ergebnis vom gewählten Kurvenradius abhängt. Experimente mit erheblich größerem Kurvenradius zeigen bedingt durch die ausgeprägte V-Form der Tragfläche stark rücktreibende Drehmomente. Also auch hier: Entwarnung.
Weniger beruhigend ist der Höhenruderausschlag von 8,84°. Mit 3 Schnitten in der xz-Ebene im Abstand 30, 90 und 120 cm vom Rumpf wird mit den Bildern SUFITKuVSP18, SUFITKuVSP24 und SUFITKuVSP27 die absolute Windgeschwindigkeit in Farbe, die Isolinien für den Druck und Trajektorien für die Windrichtung und -stärke dargestellt. In 30 cm Entfernung vom Rumpf, also im inneren Teil der Tragflächenhälfte dehnt sich der Unterdruck fast bis zum Profilende aus. Der Überdruck am Profilende ist verschwunden ebenso wie der Unterdruck auf der Profilunterseite. Somit trägt der innere Teil der Tragfläche nicht mehr so wie im Experiment Gleitflug zu einem positiven Drehmomentbeiwert um die Querachse bei. Dies wäre aber die Voraussetzung für stabiles Flugverhalten um die Querachse. In 90 bzw. 120 cm Entfernung vom Rumpf erkennt man den Höhenruderausschlag, der den Ausschlag additiv mit dem Querruderausschlag auf 8,84°+2,46°=11,30° erhöht. Zwar erkennt man, dass der Ruderausschlag jetzt einen Überdruck auf der Oberseite des kombinierten Höhen- und Querruders aufbaut, aber auch, dass die Unterseite im Übergang vom Profil auf das Ruder einen kräftigen Unterdruck erzeugt. Beides zusammen ist dann in der Lage, das Drehmoment um die Querachse zu neutralisieren - siehe Y-Torque=0 in der Grafik. Beunruhigend ist der Trend, dass bei größerem Ruderausschlag sich eine Rezirkulation einstellt, die bei einigen vorangegangenen Experimenten sogar zu einem partiellen Strömungsabriss führten. Mit 2 Auswertungen wird mit Bild SUFITKuB1 gezeigt, wie sich in der xy-Ebene der Auftrieb auf der Tragfläche verteilt. Die Tragfläche selbst liefert Auftrieb, die kombinierten Höhen- und Querruder einen Abtrieb. Da sich Höhen- und Querruderausschläge auf der Tragflächenaußenseite addieren und auf der Tragflächeninnenseite subtrahieren, ist der Abtrieb der Ruder auf der Außenseite größer als der auf der Innenseite. In einer speziellen Darstellung demonstriert Bild SUFITKuB2 die Abweichung vom Mittelwert des Auf- bzw. Abtriebs. Die Tragflächenaußenseite liefert mehr Auftrieb als die Tragflächeninnenseite. Diese Differenz wird kompensiert durch die Ruderausschläge.
Um einen Eindruck zu erhalten, wie sich die Anströmung über den Windkanal verteilt, wird mit Bild SUFITKuSPyz für die absolute Geschwindigkeit in Farbe und Isolinien für den Druck ein yz-Schnitt entlang des Neutralpunkts, hier einfachheitshalber definiert als ein Viertel der Profiltiefe an der Wurzel, die Unterschiede in der Anströmung gezeigt. Diese liegen etwa bei 2m/s zwischen dem Eck rechts unten und links oben. Die Ursache ist, dass bei einem Kurvenradius von 10m und Größe des Windkanals von 3m in y-Richtung die Entfernung einer Gitterzelle von der Drehachse ohne Berücksichtigung einer Kurvenneigung von 56,40° zwischen 10-1,5 m = 8,5 m und 10+1,5 m = 11,5 m variiert, mit Berücksichtigung der Kurvenneigung von 56,40° und weiterer geometrischer Eigenschaften entsprechend mehr oder weniger. Dazu passend zeigt Bild SUFITKuVSPxy einen Schnitt in der xy-Ebene über der Tragfläche hier inklusive der Trajektorien.