Quintessenz
Stellen wir einmal die Frage so: Warum gibt es so wenige Flug-Enten am Himmel? Generationen von Flugzeugkonstrukteuren haben je nach Zielsetzung fast immer die klassische Konstellation (Tragfläche und Antrieb vorne und Höhen- und Seitenleitwerk hinten) oder meist gleich ein Nurflügelkonzept umgesetzt. Der Kompromiss Flug-Ente mit Höhenleitwerk, auch Vorflügel oder fremdsprachlich canard bezeichnet, vorne und Tragfläche hinten sieht man selten sowohl als Großflugzeug als auch als Modell.
Die vorangegangene Diskussion sollte gezeigt haben, dass man sich bei der Konstruktion einer Flug-Ente in einem Bermuda-Vieleck von Konflikten befindet, genügend Stabilität um die Hochachse zu erhalten ohne die Stabilität um die Querachse zu vernachlässigen. Eine gute Stabilität um die Querachse benötigt einen langen Rumpf, der weit vor der Tragfläche den Vorflügel aufnimmt und mit einer ausreichenden großen Einstellwinkeldifferenz versehen wird. Aber, dann sind die destabilisierenden Hebelkräfte vor dem Schwerpunkt eventuell so gross, dass ein zwangsweise nahe am Schwerpunkt liegendes Seitenleitwerk nicht ausreicht, um die vor dem Schwerpunkt liegenden Hebelkräfte mehr als zu kompensieren. Setzt man den Vorflügel dichter an die Tragfläche und ermöglicht so einen kürzeren und schlankeren Rumpf vor der Tragfläche, reicht die Stabilität um die Querachse eventuell nicht mehr aus und man sieht sich gezwungen, zusätzliche Stabilität um die Querachse dadurch zu erreichen, dass man die Pfeilung der Tragfläche verstärkt und durch z.B. eine Schränkung des Aussenprofils wie bei einem Nurflügler zusätzliche Stabilität um die Querachse erhält. Dann hat man aber das Problem, dass wegen der Pfeilung der Tragfläche nun der Schwerpunkt noch weiter hinten liegt und sich dann die Frage stellt: Wozu braucht man ein Seitenleitwerk, wenn es nur mit einem geringen Hebel zur Stabilität um die Hochachse beitragen kann. Die Konsequenz ist häufig, dass man auf das Seitenleitwerk verzichtet und stattdessen an den Enden der gepfeilten Flächen Ersatzflächen anbringt. Das ist aber auch nicht ideal, weil diese bei Turbulenz unerwünschte Hebelkräfte um die Hochachse auslösen können. Letztendlich geht man den konfliktreichen Anforderung an das Stabilitätsverhalten aus dem Wege, indem man den Vorflügel weg läßt. Dann nennt sich das Nurflügler, ausser man reduziert die Größe des Vorflügels auf ein Minimum und verzichtet auf den zusätzlichen Auftrieb, aber erreicht dann immerhin noch eine hohe Wendigkeit wie bei Militärjets egal ob X-31, Typhoon, Saab Gripen oder Dessault Rafale üblich.
Für Modellflieger, die gerne nicht nur wie bei Großflugzeugen sich an eine Reisegeschwindigkeit halten, sondern auch mal gerne, wie heute bei Modellfliegern üblich, in der Luft herumhängen, ist eine Flug-Ente ohnehin ungeeignet. Sobald die Vorwärtsgeschwindigkeit einen Schwellwert unterschreitet, hat man keine Ruderwirkung mehr und ist der Starrköpfigkeit des Modells machtlos ausgeliefert.
Zusätzlich wurde zumindest andiskutiert, dass die Tragfläche hinter einem Vorflügel eine geringere Anströmung gepaart mit am Vorflügel frisch erzeugter Turbulenz abbekommt. Dies reduziert den Auftrieb in Rumpfnähe und bewirkt letztendlich bei geringer Geschwindigkeit und entsprechend hohem Anstellwinkel, dass bei einer gepfeilten Tragfläche der Druckpunkt nach vorne wandert und das Modellflugzeug bei der Landung schwanzlastig wird. Das ist echt unangenehm und kann beim Start von der Piste bedeuten, dass man zu früh mit zu hohem Anstellwinkel zu starten versucht, das Modellflugzeug hebt dann selbstständig die Nase, reduziert dadurch seine Vorwärtsgeschwindigeit weiter und man landet unversehens in einem überzogenen Flugzustand, aus dem es beim Heckmotor mangels ausreichender Strömung an den Rudern kein Entkommen gibt, ausser das Modell ist übermotorisiert und man gibt dem Elektromotor eine Sonderration an Elektronen.